Review: Elvis Movie 2022

Anlässlich des Todestages des Kings hat sich die halbwild-Redaktion in ein Wiener Kino begeben um endlich den aktuellen Elvis-Film (wir haben darüber berichtet) unter die kritische Lupe des Rockabillyisten zu nehmen.

Der Trailer nimmt es ohnedies schon vorweg: Hier geht es nicht um eine ultra-realistische Darstellung des Lebens oder der Popkultur der 50er Jahre. Es geht um eine heutigen Medien- Gewohnheiten genügenden Versuch, einer jüngeren Generation das Phänomen Elvis wieder näher zu bringen. Ob das gelungen ist müssen Jüngere beurteilen. Gleich am Beginn zündet Buz Luhrmann ein Feuerwerk von schnellen Schnitten, wuchtigen Soundexplosionen und knalligen Bildern. Langweilig wird es einem da auf keinen Fall.

Darsteller Austin Butler spielte die Songs mit sehr guten Studiomusikern ein. Die 50er Jahre – Songs, also der Rockabilly-Elvis, wird dabei nicht immer ganz genau getroffen. Es wäre sicher ratsam gewesen für diese Epoche geübte Rockabilly-Musiker hinzuzuziehen, die mit der Darbietung, den technischen Gegebenheiten und Spieltechniken der 50er Jahre vertraut sind. Nichtsdestotrotz versteht schnell auch jeder Dummie, warum Elvis wie eine Bombe einschlagen mußte und die Popkultur nachhaltig geprägt und verändert hatte.

Die schwarzen musikalischen Wurzeln des Rock´n´Roll werden in diesem Film nachvollziehbar gewürdigt. Die DarstellerInnen von Elvis´ Vorbildern kommen teilweise sehr glaubwürdig rüber. Weltklasse ist meiner Meinung nach Alton Mason als Little Richard, sehr gut auch die kürzlich verstorbene Shonka Dukureh als Big Mama Thornton.

Luhrmann orientiert sich dabei an den wenigen bekannten Spielfilmauftritten der RocknRoller. Weniger stimmig ist der Versuch die verrunzelten Aufnahmen der Urväter wie Arthur Crudup mit poppigen und kreischigen Mixes „cooler“ zu machen. Ich denke man kann auch dem heutigen Publikum den Fakt zumuten, dass die schwarze Musik in den 40ern und frühen 50ern anders geklungen hat als Rap/R&B in den 2020er Jahren. Aber das ist Geschmacksache. Wenn es das Interesse an den Originalaufnahmen wecken sollte, kann´s mir recht sein.

Austin Butler´s Elvis- Performance nimmt naturgemäß da Fahrt auf, wo es um Zeitabschnitte geht von denen mehr Filmmaterial existieren. Wirklich gut wird seine Impersonation ab dem ´68-Comeback-Special und den ersten Las Vegas-Auftritten.

Der Film macht gelegentlich den Eindruck er wäre aus zwei Filmen entstanden, was mit der langen Corona-bedingten Produktionspause zu tun haben könnte. Der 2.Teil beschäftigt sich v.a. mit dem Konflikt zwischen Elvis und seinem übermächtigen Manager Tom Parker. Der wird manchmal dramaturgisch etwas übertrieben. Wäre dieser so drastisch ausgetragen worden wie im Film dargestellt wäre die Geschichte wohl anders verlaufen.

Glaubwürdig wiederum sind die Passagen, die zeigen sollen wie das „business“ den Mensch Elvis Presley zerstört hat. Und wie seine Unbeholfenheit bzw. die Hörigkeit gegenüber Parker´s Vorstellungen verhindert hat, das Elvis auch zur gesellschaftlichen Ikone über die Popmusik hinaus werden konnte. Elvis hat sich ja nie deutlich zu Rassismus bzw. Bürgerrechtsbewegung geäußert, und war damit ab Mitte der 60er Jahre nicht mehr auf der Höhe seiner Zeit (Marlon Brando und andere taten das schon längst). In den 50ern war es noch Elvis gewesen, der einer bis dahin sprachlosen Generation eine musikalische Stimme gegeben und mit einer betonten Vermischung von schwarzer und weisser Kultur die „Rassen“schranken zum Wanken gebracht hatte. Mit der „neuen Zeit“ nach Beatles, Woodstock & Co. war Elvis sichtlich überfordert. Was aber wiederum die musikalischen Aussagen und die zeitgemässe Wiedererweckung des Mythos ELVIS im Comeback-Special 1968 in seiner Bedeutung hervorhebt, die im Film stimmig rübergebracht wird. „If I can Dream“ stellte 1968 nicht nur einen Höhepunkt dieser Show dar, sondern bringt wie kaum eine andere muskalische Darbietung so glaubwürdig den Schmerz einer Generation auf den Punkt, die gerade mit der Ermordung eines Martin Luther King Jr. oder der Kennedys – und damit der versuchten Ermordung ihrer Träume – konfrontiert worden war.

Das Manko alle internationalen Auftritte ausgeschlagen zu haben wird auch ausgiebig beleuchtet. Auch wird nachvollziehbar, wie Elvis (bzw. Parker) die großen Chancen zu einem wirklichen Filmstar zu werden vergeudete, indem interessante und glaubwürdigere Filmrollen abgelehnt wurden. Diese Themen wurden auch schon in anderen Elvis-Biopics aufgegriffen, im aktuellen aber vielleicht noch deutlicher als bisher. Tom Hanks tut natürlich das seine, um die Person des „Colonel“ Parker ins Zentrum der Handlung zu rücken. Ob es einem anderem Manager und mit einer anderen Business-Strategie ebenso gelungen wäre Elvis unsterblich zu machen läßt letztlich auch dieser Film unbeantwortet. Und damit auch die Frage, ob sich denn die immer wieder wiederholende Tragödie vermeiden ließe, in der ein gesellschaftlicher Underdog trotz Superstar-Status im Inneren immer ein (Lohn-)Sklave bleibt und letztlich als Gladiator in der Arena sterben muss.

Alles in allem: Ein sehenswerter Film, das Warten hat sich gelohnt. Der 50er-Jahre Elvis harrt noch immer seiner authentischen Darstellung in einem Spielfilm, aber das Wesentliche kommt rüber. Mir persönlich ist der Film phasenweise etwas zu effekt-hascherisch, aber wenn ein Film mit tiktok&Co konkurrieren muss geht das wohl nicht mehr anders. V.a. der Elvis ab 1968 wird musikalisch ausreichend gewürdigt.

Ich denke, der Film ist geeignet das Thema Elvis und RocknRoll-NeueinsteigerInnen näher zu bringen, und Ältere zu erinnern (die es dank Eichhörnchen-Medienkonsum) vielleicht wieder vergessen hatten, wie geil das Ding eigentlich war. Und dass das Phänomen ELVIS noch immer funktioniert.

Schade, dass der Film in Österreich bislang so wenig Beachtung gefunden hat.

Hier geht´s zum Trailer: https://www.elvismovie.net

(Admin)

Bild: http://www.filmaffinity.com

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